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Montag, 14. Mai 2012

Review zu "Splitterherz" von Bettina Belitz



script5 (Januar 2010), Band 1,
Hardcover, 632 Seiten,
19,90 € [D]
www.splitterherz.com


Es gibt genau einen Grund, warum Elisabeth Sturm nicht mit fliegenden Fahnen vom platten Land zurück nach Köln geht, und dieser Grund heißt Colin. Der arrogante, unnahbare, aber leider auch äußerst faszinierende Colin gibt Ellie ein Rätsel nach dem anderen auf, und obwohl sie sich mit aller Macht dagegen wehrt, kann sie sich seiner Ausstrahlung nicht entziehen.
Bald muss Ellie einsehen, dass Colin viel mehr mit ihrer Familie verbindet, als sie sich je vorstellen könnte. Ihr Vater Leo verbirgt ein Geheimnis, das ihn und Colin zu erbitterten Gegnern macht – und das Ellie in tödliche Gefahr bringt. Dass sie mit ihren seltsamen nächtlichen Träumen den Schlüssel zu dem Rätsel in der Hand hält, begreift Ellie erst, als ihre Gefühle für Colin alles zu zerstören drohen, was sie liebt.
(Text- und Bildquelle: script5 Verlag)


Meine Meinung
Kurz zusammengefasst geht es bei "Splitterherz" um Ellie, die mit ihren Eltern von der Großstadt Köln ins bäuerliche und abgelegene 400-Einwohner-Landnest Kaulenfeld ziehen muss. Sehr zu Ellies Frust! Dort lernt sie Colin kennen, der auf sie sehr abweisend und kalt reagiert. Trotzdem laufen sich die beiden immer wieder über den Weg, was Ellie seltsam konstant an Kaulenfeld bindet. Durch Colin erfährt Ellie von einer Welt, die zu furchterregend scheint, um wahr zu sein. Sie muss Entscheidungen treffen, die ihr ganzes zukünftiges Leben beeinflussen werden.

Ellie ist ein waschechter Motzki. Von Anfang an spürte ich, dass sie nicht freiwillig nach Kaulenfeld ziehen wollte, bzw. lieber wieder zu ihrer alten Clique nach Köln zurückkehren würde. Sie ist unfreundlich zu ihren Eltern, gehemmt gegenüber den neuen Nachbarn und ganz besonders pampig ist sie auch zu ihren Klassenkameraden und zu jedem, der versucht sich mit ihr anzufreunden. Zudem hat sie einige ausgeprägte Phobien, die ihr das Leben auch nicht leichter machen. Aber im Ernst, wer will es ihr verdenken? Ich hätte auch ganz sicher keine Lust gehabt, in ihrer Situation zu stecken. Darum hat mich gerade Ellies Charakter besonders interessiert und nicht "gestört". Denn bald merkt man, dass Ellie gegenüber ihren alten Freunden in Köln sehr angepasst, somit nur Mitläufer, war. Mit der Zeit in Kaulenfeld fängt sie an ihre eigenen Meinungen zu leben. Ich fand sie sehr authentisch und hab sie während des Lesens richtig lieb gewonnen.
Wer über das Buch schon Äußerungen gehört hat, dass Ellie das halbe Buch ja nur schlafen würde, nun, diese Anmerkungen sind gar nicht so falsch. Dafür gibt es aber einen guten Grund und dieser wird sogar gleich zweimal erklärt. Somit haben diese Schlafszenen nicht das Geringste mit Langeweile oder Plotfüllerei zu tun, sondern sind ein wichtiges Stil- und Handlungselemet für die gesamte Geschichte.

Colin ist sehr düster, wirkt unnahbar und hat seinen ganz eindeutig-zweideutigen Humor. Und fasziniert ab dem ersten Kennenlernen (nicht nur Ellie!). Wir kennen sie alle, die Sprüche besagter All-Age-Helden, wie "Ich bin gefährlich!", "Halte dich von mir fern, es könnte sonst gefährlich werden!". Gefährlich hier und gefährlich da. Dabei denkt man sich doch bei zwei Dritteln der Jungs: Ja klar, der tut dem Mädel eh nichts! Das Kuriose bei Colin, er IST gefährlich. Man glaubt ihm diese Tatsache auf jeder Seite, und vor allem komplett ohne plumpe Sprüche, die seine Gefährlichkeit ständig erwähnen. Manchmal ist er kaum (be)greifbar, dann wieder sehr fürsorglich und mitteilsam. Auch äußerlich wird sich wahrscheinlich jeder Leser ein anderes Bild von ihm machen. Fast alle Szenen zwischen ihm und Ellie knistern was das Zeug hält, einige so gewaltig, dass man zum nervösen Nägelkauen animiert wird.
Beide, Ellie sowie Colin, behalten die ganze Handlung hindurch ihre Ecken und Kanten und können somit nicht zu den "einfachen" Charakteren der Young-Adult-Fantasy gezählt werden. Hätte Bettina Belitz aber auch nur einen von beiden etwas glatter und umgänglicher gestaltet, wäre meiner Meinung nach die ganze Handlung verdorben gewesen.

Die Sonne brach durch die wogenden Baumwipfel und betupfte den weichen, lehmigen Boden mit gleißenden Lichtreflexen. Überall um mich herum flüsterte der Wind. Die Luft strömte fast wie Wasser über meine Haut. - S. 466

Ja, es stimmt, was man so hört. "Splitterherz" ist lang und ausführlich. Da geht ein einsamer Waldspaziergang schon mal über ein paar Seiten. Die Autorin legt hier viel Gewichtung auf bildliche Erzählung und die Gefühlswelt von Ellie (die in der Ich-Form erzählt). Dennoch kommen die Dialoge nicht zu kurz. Für mich hatte diese Ausführlichkeit zur Folge, dass ich bei nachfolgender Lektüre das Gefühl hatte, sie wäre zu kurz oder nicht genug ausgearbeitet. "Splitterherz" passte einfach!
Das Buch ist düster und spielt oft in den Abendstunden oder nachts. Die allgemeine Handlung hat positive und wichtige Längen, Spannung mit Gruselszenen und ein Lesefeeling, bei dem es mir oft kalt den Rücken runterlief - vor Aufregung, Anspannung und "Hach"-Szenen. Der ein oder andere sollte dem Buch vielleicht 100 Seiten Einlesegewöhnung geben. Mich hat die besondere Atmosphäre sofort mitgerissen und bis zum Schluss festgehalten, so dass ich am gesamten Plot nichts auszusetzen habe.

Fazit
"Splitterherz" ist schwer zu beschreiben und wird sicher nicht jedes Herz zum Splittern bringen. Mich hat das Buch vollkommen fasziniert, und es passiert in der Summe der gelesenen Bücher selten, dass ich eine so schöne Geschichte lese. Schreibstil, Gefühl und Charaktere waren für mich perfekt, ein unterschwelliger Humor das Sahnehäubchen. Für mich ist dieser Trilogie-Auftakt ein unbedingtes Lesemuss mit Lieblingsbuchstatus!

© Damaris Metzger, damarisliest.de



Band 1 "Splitterherz"
Band 3 "Dornenkuss"

Weitere Infos zu den Büchern, der Autorin sowie Leseproben und Downloads unter:
www.splitterherz.com